Und als Jesus es hörte, spricht er zu ihnen: Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Markus 2, 17


In erster Linie ist Perfektionismus ein Zwang.

 

Es erübrigt sich, das Wort „unnatürlich“ hinzuzufügen, denn ein Zwang ist NIE natürlich. Es zwingt uns zu etwas, was wir natürlich und aus freien Stücken nie machen würden. Eigentlich logisch, denn ansonsten wäre es kein Zwang.

 

Aber Perfektionismus ist so viel mehr. Es hat viele Facetten.

 

Perfektionismus ist:

Alles kontrollieren wollen

Die Zeit selber bestimmen wollen

Gott aussen vor zu lassen

Einen Prozess nicht entstehen lassen

Kleinere oder grösser Etappensiege verhindern

Das eigene Bild des Idealen allem und jedem aufzwängen wollen

Keinen Raum für etwas anderes, neues, kreatives, geschenktes lassen

Unendlich kreative Möglichkeiten nicht zulassen

Die Geduld hat der hohen Erwartung Platz gemacht

 

Perfektionismus hindert uns daran, in dem Tempo vorwärts gehen zu dürfen, welches gut für uns und unsere geistliche Entwicklung wäre. Es überfordert und kennt keine Gnade.

 

Sobald der Perfektionismus und die hohe Erwartung über einem drüber gerollt ist, kommt die Enttäuschung dazu. Denn aus eigener Kraft wird man niemals genügen.

 

Schlussendlich isoliert es.

Nichts und niemand ist noch gut genug. Alles muss alleine gemacht werden, denn nur dann kommt es annähernd an das was der eigene Perfektionismus verlangt.

Es wiegt schwerer als ein grosser Stein.

Diese Arbeit die man sich dadurch selber auflädt, sie bringt uns ins wanken.

 

 

Nur einer kommt dabei nicht ins wanken.

Das ist Jesus. Kein anderer der als Mensch (und als Gott) auf dieser Erde gelebt hat, war so perfekt wie er es war und wird jemals so perfekt sein können.

 

Als er uns gerufen hatte, hatte er uns als Jünger gerufen.

 

Jünger sind Lehrlinge.

Lehrlinge lernen stetig aus Fehlern die sie gemacht hatten.

 

Wenn wir aber erwarten, dass wir perfekt seien, erheben wir den Anspruch genau so perfekt zu sein wie Jesus. Somit erheben wir uns selbst auf die selbe Stufe wie Gott.

Wohin das führt, wissen wir ja.

 

Dabei möchte er uns so gerne beschenken, mit allem möglichen.

Darunter auch mit Erfahrungen. Und zu den Erfahrungen gehören auch die verschiedensten Emotionen. Dabei tut sich ein neues Lernfeld auf: Mit diesen Emotionen umzugehen.

 

Ich denke, zu lernen mit diesen Emotionen umzugehen ist für mich persönlich meine grösste Herausforderung im Prozess, den Perfektionismus abzulegen.

 

Beim Perfektionismus beschränkt man sich krampfhaft auf die eigenen kleinen & beschränkten Möglichkeiten, anstatt auf die unerschöpflichen und wunderbaren Möglichkeiten Gottes zu vertrauen.

 

Denn auch auf etwas oder jemand anderes zu vertrauen ist nicht möglich. Das wäre ein Kontrollverlust den man nicht hinnehmen kann. Kurze Anmerkung an dieser Stelle, Kontrollsucht und Perfektionismus hängen ganz eng zusammen.

Ein bildliches Beispiel um zu erklären, wie es sich mit unseren beschränkten Möglichkeiten und Gottes unerschöpflichen und wunderbaren Möglichkeiten verhält:

Stelle dir vor, es ist ein heisser Sommertag und du schwitzt. Die Kleider und Haare kleben an deinem Körper.

Das Freibad mit seinem herrlich kühlen Wasser in den Schwimmbecken wäre ganz in der Nähe. Du müsstest jedoch dafür deine Komfortzone, also deine Wohnung, verlassen und ins Freibad gehen.

 

Anbetracht dessen, dass das Freibad ausserhalb deiner Komfortzone liegt, denkst du nicht einmal daran dich dahin zu begeben. Du begnügst dich damit, dass du irgendwo in deiner Wohnung lauwarmes Wasser gefunden hast, und versuchst dich mit den Händen frischzumachen.

 

Wenn dich jemand fragt ob du nicht lieber ins Freibad möchtest, denn da hat es fast unendlich viel wirklich erfrischendes Wasser, winkst du Kopfschüttelnd ab. So etwas käme doch nie in Frage. Du hast doch hier auch etwas das dir zumindest etwas Abhilfe verschafft.

Ganz praktisch erklärt: Ich liebe einfach Listen!

Ich liebe es diese zu erstellen und die Punkte nach und nach abzuhacken oder durchzustreichen sobald es erledigt ist.

 

Daran ist nichts verwerfliches. Zudem hilft es mir, mich in meinem chaotischen Alltag zu organisieren und den Überblick zu behalten.

Warum also, sollte ich mir von meinem Perfektionismus einreden lassen, dass ich dies auch ohne können müsste?

 

Jedes Abhacken oder Durchzustreichen ist wie ein kleiner Etappensieg. Und das möchte der Perfektionismus rauben.

 

Es ist auch eine hinterlistige Einschränkung, um endlich sein Potential anfangen zu nutzen und in seiner Berufung laufen zu können.

 

 

Gott hatte uns nicht dazu berufen, perfekt zu sein.

Als er sagte, dass er uns verändern möchte, so dass wir unser altes sündiges Ich ablegen können, meinte er nicht, dass wir dadurch perfekt werden.

Nein, er meinte damit, dass wir einen lebenslangen Veränderungsprozess durchlaufen.

 

Damit will ich nicht sagen, dass wir so unendliche Baustellen in unserem Leben haben, dass wir damit überhaupt nicht mehr fertig werden. Ich will damit sagen, dass mit dem Abschluss des einen Themas, das nächste kommt.

Der Lernprozess im Leben gleicht einem riesigen Zahnradkonstrukt und Gott ist dabei der Uhrmacher.

Er kennt die grossen Zahnräder, jene die man buchstäblich aus dem All erkennen könnte. Aber er kennt auch die kleinste Schraube, welche nur mit einer speziellen Uhrmacher Lupe erkennt werden kann.

 

Der Eine kann jetzt sagen, dass das wahnsinnig anstrengend ist, immer und immer wieder an sich zu arbeiten. Das mag so sein. Auf der anderen Seite heisst dies jedoch auch, stetige kleine Etappensiege und stetig wachsendes Vertrauen in den Gott der uns niemals im Stich lässt. Das bestätigt er in der Bibel mehrfach.

Und wer sagt schon zu ganz vielen kleinen Erfolgsfeiern Nein?

 

Also, worauf wartest du noch?

 

 

 

 

Mit dir kann ich Feinde angreifen;

mit dir, mein Gott, kann ich über Mauern springen.

Psalm 18, 30